Was Tiere uns lehren – der Weg von der Beobachtung direkt zum Herzen

Du kannst dir den Artikel hier vorlesen lassen.

In meinem Blogartikel zum Thema Beobachtung der Pferde schreibe ich von der nötigen Objektivität um emotionslos, wertfrei und sachlich wahrzunehmen was IST. Sich dafür zu Anfang etwas Zeit zu nehmen, sich aktiv hinzusetzen und achtsam wahrzunehmen – das ist nicht jedermanns Sache. So interpretiere ich jedenfalls einige Rückmeldungen. Zu anstrengend, langweilig, zu zeitaufwendig, es fehlt hier und da schlichtweg das tiefergehende Interesse, solange augenscheinlich mit dem Pferd alles gut ist. Wenn dann aber doch ein Problem auftrifft, sollen die hinzugezogenen Ratgeber trotzdem möglichst sofort wissen, woher das Problem kommt und vor Allem, dass es schnell behoben ist. Möglicherweise wäre das Problem aber gar nicht aufgetreten, wenn eine Beobachtung im Rahmen des „Zusammenlebens“ erfolgt wäre. Damit meine ich nicht, sich stundenlang hinzusetzen und zu schauen, was die Pferde essen, ich meine damit ein allgemeines Interesse am Partner Pferd, eine achtsame Wahrnehmung, die u.a. auch die Futteraufnahme beinhaltet. Aber auch der Gesamteindruck, die Tagesform, das Ohrenspiel, Gangbild, usw. Glücklicherweise gibt es dennoch interessierte Menschen, die diese zeitliche Investition in Kauf nehmen, während sie sehr schnell feststellen, was sie daraus alles lernen, dass das Ganze eben doch nicht so anstrengend ist und im Endeffekt einen großen Nutzen hat.

Text zum Foto rechts: Auf unseren Wanderungen beobachten wir die Tiere beim Essen. Wir filmen oder machen Fotos, besprechen die Pflanzen und genießen dann einfach den Anblick. Es bringt uns ins Hier und Jetzt – sehr entspannend.

In der Pferdewelt nehmen besonders Emotionen einen sehr großen Raum ein. So flüchtig sie sind, so breit machen sie sich doch und schüren das Feuer für Konflikte oder nicht enden wollende Dramaspiralen (Stichwort Stalldiskussionen z.B.).

EMOTIONEN sind nicht gleich GEFÜHLE.  Emotionen kommen effektartig (Freude, Wut, Zorn, Trauer, Überraschung, …), sie lassen sich meist nicht unterdrücken, sie kommen und gehen, je nach Menschen mehr oder weniger ausgeprägt. Sie würzen zwar reichlich unser Leben, dennoch sind sie eher Momentaufnahmen als von dauerhafter Bedeutung. GEFÜHLE entstehen aus vorangegangenen EMOTIONEN und können durch Bewusstwerdung wahrgenommen werden. In diesem Prozess können wir erspüren, welchen Raum sie wirklich einnehmen und welche Bedeutung damit verbunden ist. Gefühle wollen bewusst gefühlt werden. Meistens ist es damit auch schon getan. Unterdrückte Gefühle hingegen äußern sich gerne in unkontrollierten, teils heftigen Emotionen und später sogar in körperlichen Symptomen (Krankheiten).

Beobachtungen und Emotionen, augenscheinlich ein Gegensatzpaar, jedoch hat es eines gemeinsam: Beides ist ein Wegweiser für tiefgreifende Erkenntnisprozesse, persönliche Entwicklung, Ursachen oder Gefühle, sie können einen schlichtweg direkt ins Herz führen / treffen.

Das stelle ich immer und immer wieder fest. Beobachtungen finden im Kopf statt, trainieren das Ausklammern von bewertenden, hinfort reißenden Emotionen und zeitgleich intensivieren sie die Wahrnehmung immer detailreicher. Dadurch gleiten wir unbemerkt vom Kopf zur Gefühlsebene.

Das Herz ist ein zweites Gehirn und der Sitz unserer Gefühlswelt. In unserer Sprache finden wir Hinweise darüber, welche Bedeutung dieser Mittelpunkt der Gefühle und des Seelenlebens für uns Menschen hatte. Redewendungen, Märchen, Volkslieder geben darüber Aufschluss.

„Du liegst mir im Herzen, du liegst mir im Sinn.“  (Volkslied 1821)

„Da fällt mir ein Stein vom Herzen.“  (Redewendung)

„Mir blutet das Herz.“  (Redewendung)

„Mir geht das Herz auf.“  (Redewendung)

„Meine Ruh ist hin, mein Herz ist schwer, ich finde sie nimmer und nimmermehr.“  (Gretchen in Goethes Faust als sie allein am Spinnrad sitzt)

„Sich etwas zu Herzen nehmen.“ (Redewendung)

„Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ (Der kleine Prinz, Antoine de Saint-Exupéry)

Die Hinweise dazu habe ich im Buch „Das Herz“ von W.D. Storl, AT Verlag gefunden.

Text zum Foto links: Diese beiden erobern auch alle Herzen im Sturm. Der Riese und der Welpe. Körperliche Überlegenheit bedeutet nicht, dass sie ausgenutzt werden muss.

Diese oft zitierte Textpassage aus der Geschichte des kleinen Prinzen sagt genau das aus, worauf ich hinauswill.

Beobachtung bringt dich zur Ruhe, zentriert, richtet die Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Gegebenheit, Emotionen können kommen und wieder gehen, es verbindet dich mit dem „Hier und Jetzt“, beobachten ist ein Geschenk an deine Pferde, da du sie in ihrer Präsenz, in ihrem Leben (dem Hier und Jetzt) wahrnimmst und ihnen dein Interesse widmest, ohne etwas zu verlangen. Während du objektiv deine wichtigen Notizen machst, wirst du spüren, wie diese Art der Wahrnehmung, dich im Innersten verändert. Vielleicht erfährst du das Gefühl der Demut, nimmst die Schönheit deiner Pferde wahr, die der Natur, wie perfekt alles zusammen ist – egal was im Außen geschieht. Vielleicht spürst du eine Wärme in deiner Herzgegend oder dein „Herz hüpft vor Freude“. Vielleicht bemerkst du aber auch eine Schwere, dass dich etwas niederdrückt und belastet. Vielleicht kommt dir beim Beobachten eine wichtige Erkenntnis oder es entstehen Fragen, vielleicht fängst du an, dich automatisch näher mit den Pflanzen zu beschäftigen und fängst irgendwann an, sie näher zu betrachten.

Was sind deine Erfahrungen mit Beobachtungen?

2 Kommentare

  1. Liebe Vanessa, das könnte jetzt lang werden….denn auch ich sehe viel. Ich sehe meine Liebsten- ob Mensch oder Tier- immer mit dem Herzen und mit den Augen gleichzeitig. Jeden einzelnen Tag hab ich zig Momente wo das Herz hüpft und warm wird, weil ich eines meiner Liebsten gerade sehe. Es ist der Blick, das angeblubbert werden, das ach so weise Beobachtung über die Wiesen in einer Selbstachtung . Meine Ponies. Und es ist der kleiner Hüpfer um die eigene Achse der Katze vor Freude in der Begegnung! Es ist das Stupsen der kalten Nase und das rumgerenne aus purer Lebenslust. Ich weite jetzt nicht aus zu den Menschen weil das sonst wirklich ein Roman wird 🙂 ich habe, leider / zum Glück, es selber sehr sehr nah erleben müssen was meine ganz eigene Emotionen mit meinen Tieren machen. Es handelte sich um eine lange schwere Zeit als mein Pony so unerklärlich krank war. Ich bleibe jetzt bei den Emotionen ohne die Geschichte erzählen zu wollen. Ohne meine Ponies gesehen zu haben ( nach der Arbeit zum Beispiel) habe ich ja meine Laune oder Tagesform und meine momentane Emotionen. Diese können Hintergründe haben, die mit der ponygesundheit zusammenhängen, können aber auch weltpolitische sonstige Gründe haben. So und nun begegne ich meine feinfühlige tierpartner, die mehr von mir wahrnehmen als mir (oft) lieb ist, denn ich möchte sie ja nicht mit meinem Zeugs belasten. Da dies aber unmöglich ist, dürfte ich lernen lediglich gute Emotionen in mir ankommen zu lassen und die schädlichen dankend da lassen wo sie entstanden sind. Denn: mit meinen Sorgen habe ich die ganze Last ungewollt weitergegeben und das war für mein Pony schlichtweg zu viel da sie mit sich selbst zu kämpfen hatte. Bis ich das kapiert hab und v.a. dazu angeleitet wurde ( Vanessa, Heike , Stefi ) hat es gar nicht soooo lange gedauert aber es hatte seinen Preis. Heute weiss ich nicht wie wir das alles überlebt haben.
    Es ist kaum zu glauben aber ich habe seit diesem Lernprozess hauptsächlich krasse coole Emotionen. Dies wiederum inhalieren meine tierpartner und was soll ich sagen; ich beeinflusse deren Leben ziemlich komplett mit meinem Wesen und mit meiner Ausstrahlung. Ich kann sie lesen, sie mich ja sowieso, und somit ist das alles eigentlich ganz einfach. Herz auf, Sinne öffnen und daran immer stetig glauben, dass ich was gutes bewirke. Sich prüfen. Immer immer wieder.
    Meinst du so was oder habe ich mich voll verfehlt?

    • Liebe Marita, danke für deinen ausführlichen und wunderbaren Kommentar. Du hast es ganz und gar nicht verfehlt. Du hast erkannt, dass deine Emotionen und seelischen Befindlichkeiten sich auf die Tiere übertragen. Du hast erkannt, dass es einen Zusammenhang mit ihrer gesundheitlichen Verfassung gibt, dich selbst reflektiert und festgestellt, wie sich das Zusammenleben positiv verändert.

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