Seit fast 9 Jahren halte ich Ponys und das Thema Heu war besonders in Zeiten als Einsteller immer ein heikles Diskussionsthema. Über Beschaffenheit, Qualität, Art und Weise der Lieferung, usw. wurde stets viel debattiert und die Emotionen kochten das ein oder andere Mal sogar hoch.
Der ein oder andere wird es kennen 😉 Ihr dürft gerne eure Erfahrungen in die Kommentare schreiben.
Nun leben die Ponys in kompletter Eigenregie und seit über 3 Jahren beliefert mich der gleiche Landwirt. Der Vorteil davon ist, dass ich, genau wie bei den Ponys, diverse Beobachtungen immer wieder machen kann und ich kann auch deutlich das eigene vom zugekauften Heu unterscheiden, sowie Ware aus dem ersten oder zweiten Schnitt. Die Vielfalt an Gräsern, Kräutern, usw. variiert, mal ist das Heu feiner, mal gröber. Die zarten Gräser werden gern verspeist, wohingegen schilfiges Gras verschmäht wird, aber das lieben wiederum die Ziegen. Ebenso Dorniges oder Ampfer. Es gibt Heu, das riecht beim Öffnen des Ballens immer noch so wie frisch gemäht und es gibt welches, das riecht eher herb und krautig. Ich musste noch nie einen Ballen wegen Schimmel oder Ähnlichem reklamieren.
Nun wollte ich gerne wissen, wie Heu von der Mahd bis zum Einlagern eigentlich hergestellt wird. Außerdem war ich neugierig, was da alles so drin ist, weil ich es als getrocknete Pflanze nicht immer erkennen kann. Ein spannendes Sommerprojekt begann.
Den richtigen Zeitpunkt abpassen
Um eine gute Qualität zu erhalten, fängt alles damit an, den richtigen Zeitpunkt abzupassen. Das Gras muss entsprechend hochgewachsen sein, die Wettervorhersage sollte mindestens eine Woche Regenfreiheit versprechen. Dann geht alles Schlag auf Schlag und die Landwirte sind quasi pausenlos im Einsatz.
Text zum Bild: In einigen Teilen Deutschlands wird das Heu auch heute noch von Hand gesenst, gewendet und zur Ballenpresse gebracht. Eine Familienaktion. Hier im Schwarzwald. Foto: J.Hettich
Mahd
Ich sitze am Rand und beobachte, wie die Flächen gemäht werden. Schon kurze Zeit später entfaltet sich der typische Heuduft und ich fange an in Erinnerungen zu schwelgen. Ich verbinde damit Sommer, Lebensfreude und Reichhaltigkeit. Das was so gut riecht ist die Freisetzung des „Cumarins“. Dazu werde ich gesondert einen Artikel schreiben. Es ist ein wichtiger Pflanzeninhaltsstoff, der uns immer wieder begegnet und der einigen sogar aus Unwissenheit Angst macht. Deshalb möchte ich dazu exta etwas verfassen.
Wenden, Wenden, Wenden
Es folgt das Wenden der Mahd, das ist m.E. der aufwändigste und intensivste Arbeitsschritt, weil die Maschinen und Menschen über mehrere Tage unentwegt im Einsatz sind. Zum ersten Mal wird mir richtig bewusst, wie viel Arbeit, Zeit und Diesel in jeder einzelnen Heurolle stecken. Ich schweife ab und denke über die Zeiten nach, als Heu noch mit der Hand gewendet wurde. Die ganze Familie, ja wohlmöglich ein ganzes Dorf, waren dafür im Einsatz. Es war eine arbeitsintensive Zeit, die jedoch in einem großen Fest endete, wenn die Ernte „unter Dach und Fach“ war. Ich betrachte das aufgewühlte Gras, rieche daran und mich überkommt etwas Demütiges. Jeden Tag verfüttere das Heu wie selbstverständlich, ohne weiter drüber nachzudenken. Mir wird bewusst, wie viel Futter die kleinen Ponys eigentlich verbrauchen und wenn ich das mal aufs Jahr hochrechne, kommt da eine Menge zusammen. Egal wohin ich schaue, ich sehe eine Vielfalt an Gräsern und Kräutern und freue mich richtig darüber. Das Surren des Traktors holt mich zurück ins Hier und Jetzt und ich beobachte, wie das beginnende Heu im Gegenlicht bei schönster Nachmittagssonne umher tanzt. Ein schöner Anblick.
Schwaden und Pressen
Nach ein paar Tagen wird geprüft, ob das Heu trocken genug ist, dass es gepresst werden kann. Nun folgt das Schwaden. Hierbei ist nicht das Bedampfen beim Brotbacken gemeint, sondern das reihenförmig zurecht gerechte Erntegut (die Schwad/Schwade) als Vorbereitung zum Pressen.
Das sieht so aus, als ob der Traktor die Reihen aufisst 😉. Die Presse rumpelt und wenn der Traktor stehen bleibt, die Klappe der Presse sich öffnet, rollt kurze Zeit später die Heurolle heraus.
Hierbei wird mir klar, wieviel „Erntegut“ eigentlich in so einer Heurolle steckt und wenn ich mir überlege, wie schnell sie aufgefuttert ist ….
Alles unter Dach und Fach
Überall verteilt liegen jetzt die Heuballen und erst wenn sie eingelagert sind, ist die eigentliche Ernte beendet. Der Wettlauf mit dem Wetter ist also noch nicht zu Ende. Der Regen sollte bitte noch auf sich warten lassen.
Kleine Heuklappen – sind selten geworden, jetzt weiß ich auch warum
Als besonderes Goodie kommen zum Schluss die kleinen Heuklappen. Das sind die losen Bunde mit 12-15kg Gewicht, die man gut stapeln kann. Jedoch gibt es kaum noch Landwirte, die sie herstellen. Nun weiß ich auch warum. Hier sind echte Handarbeit und körperliche Anstrengung gefragt.
Um sie herstellen zu können, braucht es etwas andere Technik, es kommen also an anderer Schwader und eine andere Presse zum Einsatz. Hierbei werden die kleinen Ballen über ein Lieferband nach oben befördert und in Richtung Anhänger katapultiert. Die Handarbeit ist also, die Ballen aufzufangen und direkt zu stapeln. Das Ganze muss aber recht schnell gehen und ist somit körperlich anstrengend.
Apropos, mir fällt auf, dass die Jungs eigentlich meistens gute Laune und Spaß an der Arbeit haben. Wenn mal was rumzickt, wird nicht lange gefackelt und repariert, danach wird weiter gelacht.
Ich finde es schön, wenn auch andere Menschen eine Begeisterung für das empfinden, was sie tun.
All das durfte ich fotografieren und filmen und dafür möchte ich mich an der Stelle einmal herzlich bedanken. Mein Fazit ist: Die Heuernte von Anfang an zu verfolgen hat meine Wahrnehmung sensibilisiert. Ich bin dankbar, dass es noch Landwirte gibt, die richtiges Heu herstellen und vielleicht sollten wir das im Blick haben, wenn uns mal wieder eine Distel piekt 😉. Statt aufregen dankbar darüber sein, dass wir kein monokulturartiges Industriefutter geben, sondern welches von artenreichen Naturwiesen 😊
Im Übrigen…. Ich habe keine einzige giftige Pflanze entdeckt 😉 😉