Das Wort „Rau(h)nacht“ leitet sich von dem mittelhochdeutschen Wort „rüch“ ab, was so viel wie „haarig und wild“ heißt. Das Wort Rauch leitet sich davon ebenfalls davon ab und hat mit „Räuchern“ zu tun, einem Ritual, welches besonders in dieser Zeit erfolgt. Die Räucherstoffe verglimmen eigentlich, wobei Dampf entsteht, doch dies ist erst später bekannt geworden. Sie finden zur Zeit der Wintersonnenwende (20.12. – 31.12./01.01.) statt (die Daten sind nicht in Stein gemeißelt, sondern orientieren sich an unserem Kalender, in diesem Jahr ist es sehr passend mit dem Vollmond am 19.12.21, diese magische Zeit zieht sich jedoch bis in den Januar) und haben ihre Ursprünge sehr wahrscheinlich in den Kulturen der germanischen Stämme*. Wohlmöglich reichen sie bis in die Vor- und Frühgeschichte Europas zurück. In der germanischen Mythologie sind es die Tage zwischen den Tagen, welche vermutlich mit dem Mondkalender zu tun haben. Demnach hat das Jahr nur 354 Tage und somit „fehlen“ 12 Tage nach unserem Sonnenkalender. In dieser Zeit ist auch von der „wilden Jagd“ die Rede, bei der in stürmischen Nächten Odin, Freya und Konsorten durch die Höfe ziehen und den Hirsch (stellvertretend für die Sonne) aus der Dunkelheit wieder ins Licht treiben (jagen). Denn es geht darum, dass die Tage wieder länger werden und die Sonne aus der dunklen Zeit allmählich wieder zurück kommt.
„Im Bayerischen Wald haben diese Nächte eigene Namen und heißen in Tiefenbach »Raubnächte«, in Neukirchen Balbini »Raunächte«, in Roding »Heilige Nächte«, in Waldmünchen »Laus- oder Lösenächte«, in Bechtsrieth »Lößl-Nächte« und in Ebnath »Rauchnächte« oder »untere Nächte«.“ [1] Die Christen haben diese heidnischen Kulte in ihre Bräuche transferiert und sprechen von der „heiligen Zeit“, der Geburt Jesu, 5./6. Januar der Erscheinung des Herrn, usw. Die christlichen Rauhnächte beginnen deshalb ab dem 24.12.. Die Interpreation dessen, was in diesen Nächten passiert nimmt verschiedene Ausmaße an. Einige wollten Haus und Hof schützen und verzeichneten seltsame Vorkomnisse in dieser Nacht (Aberglaube, Milch sauer, Vieh wird verrückt, usw.), christlich geprägt wird diese Zeit mit dem Teufel in Verbindung gebracht, in einem anderen Kontext heißt es, dass die Ahnen „umher ziehen“ und Kraft für ihre Hinterbliebenen bringen, bei der wilden Jagd geht es um etwas Kraftvolles, was die Sonne (symbolisch der Hirsch) aus der Dunkelheit zurückbringt und zeigt auch den Jahresverlauf sowie Kreislauf des Lebens an. Denn in der Zeit der Sommersonnenwende werden die Tage wieder kürzer, „der Hirsch“ verkriecht sich. In der Weihnachtszeit allgemein haben die Farben „rot und weiß“ auch eine (ganz und gar unchristliche) Bedeutung. Sie stehen für die Kopulation des Männlichen (Sperma) mit dem Weiblichen (Blut/Gebärmutter) und somit schließt sich auch hier der Jahreskreis mit der Fruchtbarkeit, die wiederum ganz einfach für das LEBEN steht. ** Mit der Sonne wird die „Geburt des neuen Lebens“ gefeiert und dieser Gedanke steckt ja auch in der Vorstellung der „Geburt Christi“. Was ich an dieser Stelle zum Ausdruck bringen möchte ist: Es geht im Endeffekt immer um das Leben an sich und alles, was es dafür benötigt. Deshalb ist es weniger relevant, welcher Glaube dahinter steht. Diese Prinzipien sind Polaritäten der Naturgesetze. Wo Dunkelheit ist – da ist auch Licht. Das Eine kann es ohne das Andere nicht geben.
Wie auch immer du den Kontext siehst oder womit du dich selbst identifizieren kannst – in der heutigen Zeit werden diese Tage als etwas Besonderes angesehen. Es ist für Viele die Zeit, in der die Arbeit nieder gelegt wird, Zeit für Innenschau, Ruhe, Reflexion, Vision, Besinnlichkeit, Ziele und Vorhaben. Deshalb wird auch heute noch geräuchert und orakelt.
Lass dich von deiner Intuition treiben.
Es ist die Zeit der Vergebung und der Verabschiedung von durchlebtem Schmerz, Zwist und Streit um Raum zu schaffen für Visionen und die weitere Lebensgestaltung.
In diesem Büchlein findest du Anregungen für Rituale zum Jahresausklang.
*https://de.wikipedia.org/wiki/Germanen **Buchtipp: „Abgründige Weihnachten “ I Christian Rätsch I Riemann Verlag 2014″
[1] http://www.kraftvolle-orte.de/2011/12/die-rauhnaechte-mythos-und-brauch-1/